Urteil des BGH zum Mitverschulden eines Radfahrers ohne Fahrradhelm bei einem Verkehrsunfall

Der BGH (VI ZR 281/13) hatte am 17.06.2014 darüber zu entscheiden, ob einen Radfahrer ein Mitverschulden trifft, wenn dieser bei einem Verkehrsunfall Kopfverletzungen infolge des Nichttragens eines Fahrradhelms erleidet.

Unter dem Begriff des Mitverschuldens versteht man im Allgemeinen die Verletzung einer Rechtspflicht, die zu einer Kürzung der eigenen Ansprüche führen kann. Hat bei der Entstehung eines Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt, so hängt der Umfang des Schadensersatzes vor allem davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von der einen oder anderen Partei verursacht wurde. Dies gilt auch dann, wenn der Geschädigte nicht versucht hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern.

In dem vom BGH zu entscheidenden Fall verletzte sich eine Radfahrerin nach einer Kollision mit der vom Führer eines am Fahrbahnrand parkenden PKWs aufgeworfenen Fahrertür schwer im Kopfbereich. Einen Fahrradhelm trug die Frau dabei allerdings nicht. Sie erlitt nach dem Aufprall schwere Schädel-Hirnverletzungen.

Zwar hätte das Tragen eines Helms das bei dem Sturz erlittene Schädel-Hirn-Trauma  nicht verhindern, aber dessen Ausmaß wohl einschränken können, da ein Helm aufgrund der Funktion einer eingebauten Knautschzone stumpf einwirkende Kräfte abschwächt. Die Radfahrerin hätte bei Tragen eines Helms folglich minder schwere Verletzungen davon getragen als ohne den Schutz durch einen Fahrradhelm.

Im Verkehrsrecht ist das Tragen eines Helmes für Fahrradfahrer nicht gesetzlich vorgeschrieben, eine Helmpflicht besteht demnach gerade nicht, so dass die Fahrradfahrerin nicht gegen Gesetze verstoßen hat. Einem Geschädigten kann allerdings auch ohne Verstoß gegen konkrete Gesetzesvorschriften ein Mitverschulden angelastet werden, wenn dieser diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die ein verständiger Mensch zur Verhinderung von eigenen Schäden anzuwenden pflegt.

Laut BGH müsste hierzu allerdings das Tragen eines Helms zum Zeitpunkt, in welchem sich der Unfall ereignete,  nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein zum eigenen Schutz erforderlich und zumutbar gewesen sein. Ein solches Verkehrsbewusstsein der Verkehrsteilnehmer hat es zum Zeitpunkt des Unfalls der Klägerin gemäß der Ausführungen des BGHs aber noch nicht gegeben, da ein Großteil der Radfahrer in heutigen Zeiten ohne Fahrradhelm unterwegs ist. Offen gelassen wurde, ob sich ein solches Verkehrsbewusstsein in der Zukunft bilden könne, etwa dann, wenn es allgemein üblich werden sollte, einen Helm beim Fahrradfahren zu tragen.

Demnach entschied der Bundesgerichtshof dahingehend, dass das Nichttragen eines Fahrradhelms kein Mitverschulden hinsichtlich des Ausmaßes der von der Fahrradfahrerin erlittenen Verletzungen begründet und es somit nicht zu einer Anspruchskürzung kommt. Inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung eines Radfahrers das Nichttragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann, war vom BGH nicht zu entscheiden und könnte durchaus abweichend beurteilt werden.